Mensch Feldkirch – Excerpt from book project

Mensch Feldkirch ist eine Meaning Machine. Tschik Olga (so nennen sie ihre Kunden liebevoll) vom kleinen Kabuff plötzlich in die Welt des Portraits wechselt, dann zwingt sie uns, einen anderen Blick auf sie zu werfen. Ihre Tabaktrafik wird zu einer Zeitreise im Bild, weg von der Hektik des schnellen Tauschs Tschiks gegen Geld. Die Olga steht dann für ein Feldkirch, das es bald nicht mehr gibt: Die Welt der kleinen Leute in kleinen Läden in einer kleinen Stadt. Kein Glamour. Kein Kitsch. Keine Sehnsucht. Es ist, wie es ist. Man könnte sicher reingehen zu ihr, Carlos Santanas Soul Sacrifice auflegen, eine Havanna oder einen krummen Hund anstecken und mit ihr plaudern. Sie würde sich nicht wundern, sie hat schon viel erlebt. Die Tschik Olga.

Marc Lins hat Menschen in Feldkirch fotografiert.
Quer durch alle sozialen Biotope. Kleine und große Leute. Mächtige und ohnmächtige. Männer und Frauen. Öffentliche und Verborgene. Laute und Leise. Momentaufnahmen. Urbs, Urbis. Ein Ruf aus der Stadt: Schaut her, hier sind wir, hier leben wir, hier arbeiten wir. Der Blick von Marc Lins ist der eines Gegenwärtigen, der auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten arbeitet. Er, der sich auch in den Häuserschluchten von New York herumgetrieben hat, lässt uns Feldkirch neu entdecken: Als einen Platz des anderen Schauens - und definiert damit den städtischen Raum als eine Bewegungszone für Menschen, in der sich das Leben fern von Hochglanzästhetik abspielt. Man möchte fast das berühmt berüchtigte Wort „authentisch“ bemühen. In diesem Sinne ist Mensch Feldkirch ein Bilderbuch, das uns tausend kleine Geschichten erzählt. Von seltsam vertrauter Andersartigkeit in einem Lebensraum, der grammatikalisch von allerlei Personalpronomen bevölkert wird: Von dir, von mir, von uns, von euch.

For every kiss you give me, I’ll give you three. Ronettes Be My Baby